Für bestimmte Formen von Sitzblockaden hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass diese keine Nötigung und somit keine strafbare Handlung darstellen. Vielmehr sind Sitzblockaden mit vorwiegendem "Kommunikationszweck" durch das Versammlungsrecht gedeckt, urteilten die BundesrichterInnen.

Aus der Pressemitteilung der Bundesverfassungsgerichts zum Urteil:
"Dass die Aktion die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für bestimmte politische Belange bezweckte, lässt den Schutz der Versammlungsfreiheit nicht entfallen, sondern macht die gemeinsame Sitzblockade, die somit der öffentlichen Meinungsbildung galt, erst zu einer Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG. (...)
Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist des Weiteren, dass das Landgericht bei der Abwägung die Dauer der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, die Ausweichmöglichkeiten über andere Zufahrten, die Dringlichkeit des blockierten Transports sowie die Anzahl der von ihr betroffenen Fahrzeugführer gänzlich außer Betracht gelassen hat."

Das Urteil im Wortlaut, 07.03.2011, Aktenzeichen 1 BvR 388/05

"Sitzblockaden sind nicht immer "verwerflich"
Karlsruhe hat die Rechte von Demonstranten bei Sitzblockaden gestärkt. Die seien keine strafbare Nötigung, wenn die politischen Ziele der Demonstranten die von der Blockade ausgehende Gewalt überwiegen.
Das entschied das höchste deutsche Gericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Die Verfassungshüter hoben damit die Verurteilung eines Mannes auf, der sich im März 2004 mit weiteren etwa 40 Demonstranten auf der Straße niedergelassen hatte, die zu dem US-Luftwaffenstützpunkt Rhein Main Military Air Base bei Frankfurt am Main führt, um gegen den drohenden Irak-Krieg zu protestieren.
Die Frankfurter Richter hatten die Blockade von mehreren Armeefahrzeugen als „verwerflich“ bezeichnet, weil sie „Aufmerksamkeit“ erregen sollte, und den Mann zu einer Geldstrafe von 450 Euro verurteilt.
Karlsruhe kehrte diese Argumentation nun um: Erst durch die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für politische Belange werde eine Sitzblockade zu einer schützenswerten Versammlung."
Frankfurter Rundschau, 30.3.2011

Das OVG Münster hat in einem Urteil das öffentliche Training für die Blockade eines Naziaufmarsches für zulässig erklärt und auch friedliche Blockaden für versammlungsrechtlich nicht zu beanstanden bewertet, wenn diese von zeitlich begrenzter Dauer sind und die TeilnehmerInnen der anderen Versammlung ausweichen können.

Aus der Pressemitteilung des Gerichts zum Urteil:
"Bei der Verkündung führte der Präsident Dr. Bertrams aus: "Die Versammlung des Klägers sei ohne einschränkende Auflagen von seiner Versammlungs- und Meinungsfreiheit geschützt gewesen. Sie habe gewaltfrei zur öffentlichen Meinungsbildung hinsichtlich eines angemessenen gesellschaftlichen Umgangs mit rechtsextremen Ideologien beitragen wollen. Straftaten seien auch ohne Ordner nicht zu befürchten gewesen. Die Grundrechte schlössen es aus, die bloße Durchführung einer derartigen Probeblockade, bei der niemand behindert werde, als strafbare grobe Störung einer Versammlung (§ 21 VersammlG) oder als strafbare Aufforderung hierzu (§ 111 StGB) zu werten. Dabei sei unerheblich, dass das Training zu einer späteren echten Blockade habe mobilisieren sollen. Friedliche Blockaden seien grundsätzlich zulässige Mittel, um die öffentliche Aufmerksamkeit für ein kommunikatives Anliegen zu erhöhen. Die Grenze zur Strafbarkeit werde erst dann überschritten, wenn die Teilnehmer einer Versammlung eine andere nicht verbotene Versammlung über eine erhebliche Dauer blockierten, ohne dass deren Teilnehmer ausweichen könnten."
Aktenzeichen 5 A 1701/11, 18. 09.2012


Ob eine Blockade legal ist oder nicht, hängt damit letztlich von der konkreten Situation vor Ort ab. Fraglich ist, ob die Polizei Willens und in der Lage ist, eine angemessene und verhältnismäßige Abwägung vorzunehmen.
Auch folgende Artikel beleuchten die schwierige Sachlage:

"Ordnungsamt & Polizei behindern Blockadetraining
(...) Es gibt offensichtlich sich widersprechende Gerichtsentscheidungen zur Legalität von Blockadetrainings. Annahme für mögliche Verbote: das Aufrufen zu Blockaden von Versammlungen sei rechtswidrig. Stimmt nicht, sagt der Göttinger Rechtsanwalt und Experte für Versammlungsrecht, Johannes Hentschel: „Die Blockade einer Versammlung steht grundsätzlich genauso unter dem Schutz des Versammlungsrechts. Auch Blockaden sind Ausdruck von Meinungs- und Versammlungsfreiheit und es gibt genügend Rechtssprechung, die das so belegt.“ Blockaden seien zulässig, solange sie Ausdruck einer Meinungskundgabe gegen Nazis seien. Nur zum Selbstzweck dürfe sie nicht werden – das ließe sich allerdings erst vor Ort auf der Straße abschließend beurteilen."
Monsters of Göttingen, 21.07.2010

"(...) Eine Frage der Verhältnismäßigkeit
Ein solches hochdynamisches Geschehen im Rahmen von Blockade-Demos ist im Vorfeld rechtlich kaum einzuordnen. Zu viel hängt von Abwägungsfragen ab. Ein pauschales „Blockaden sind erlaubt“ ist ebensowenig haltbar wie ein pauschales „Blockaden sind verboten“.
Vor Ort wird die Polizei entscheiden müssen, wie sie vorgeht. Einzelpersonen kann sie Platzverweise erteilen, wenn sie in den Personen eine konkrete Gefahrt sieht. Zu Demonstrationen und Kundgebungen müssen Besucher_innen durchgelassen werden, der Schutz der Versammlungsfreiheit bezieht sich auch auf den Hinweg. Eine dann stattfindende Blockade-Demonstration müsste wiederum erst aufgelöst werden, damit die Polizei eingreifen kann. Ab der formellen Auflösung kann das bedeuten, dass sich Weiter-Blockierende strafbar machen. Wenn die Polizei mit verhältnismäßigen Mitteln dann eine Blockade aber nicht auflösen kann, dann kann das auch zum Ergebnis haben, dass die Versammlung, gegen die sie sich richtet, letztlich nicht stattfindet."
Monsters of Göttingen, 09.05.2011