Mit Sorge beoachten wir nicht nur massive Polizeigewalt, sondern auch eine Einschränkung der Pressefreiheit: JournalistInnen waren im Jahr 2011 vermehrt Ziel von polizeilichen Übergriffen: Sie wurden schikaniert und in ihrer Arbeit behindert, sie wurden genötigt, Bilder zu löschen und manche waren sogar Opfer direkter Polizeigewalt.

Wie bereits im Vorjahr mussten sich JournalistInnen bereits im Vorfeld von der Polizei akkreditieren lassen, angeblich, um "ohne weitere Überprüfungen von den Einsatzkräften vor Ort als Medienvertreter anerkannt zu werden und somit, abhängig von der Einsatzlage, spezielle Medienrechte in Anspruch zu nehmen (Durchlass zu Einsatzorten, bei Absperrungen pp.)". (Zitat aus dem "Antrag auf Akkreditierung für Medienvertreter" der Polizei Niedersyachsen [13])

De facto wurde von den Einsatzkräften in vielen Fällen weder Presseausweis noch die polizeiliche Akkreditierung anerkannt. Viele JournalistInnen wurden stattdessne in ihrer Arbeit gezielt behindert, ja sogar gezielt drangsaliert, schikaniert oder verletzt.

Auf dieser Seite:


Polizeigewalt gegen JournalistInnen

"In Göttingen wurde eine Journalistin von „Graswurzel-TV“ von einem Polizeihund gebissen und so schwer verletzt, dass nach der Behandlung durch einen Sanitäter noch ein Arzt hinzugezogen werden musste." [4]

In Metzingen wurden am 24.11.2011 "AnwältInnen und JournalistInnen von der Polizei an ihrer Arbeit gehindert und zum Teil auch von BeamtInnen attackiert. Akkreditierte JournalistInnen wurden unter Einsatz von Gewalt von der Polizei gezwungen ihre Bilder zu löschen." [3]

"Die Einsatzkräfte der Polizei vor Ort missachteten die Rechte von Journalistinnen und
Journalisten in mehreren Fällen. Presseausweise wurden vielfach nicht akzeptiert.
Berichterstatter in ihrer Bewegungsfreiheit massiv behindert und teilweise auch gewalttätig
attackiert. „Über die gesamte Zeit des Castortransports wurde das Grundrecht auf
Pressefreiheit mit Füßen getreten,“ so Johanna Siemssen, Anwältin im Legal Team." [5]


Presse behindert, Polizei uninfomiert

  • "Die Einsatzkräfte vor Ort, insbesondere neu eingetroffene Einheiten, sind nicht auf die Akkreditierung der Presse vorbereitet worden.
  • Weder Presseausweise noch die von der Lüneburger Polizeizentrale ausgegebenen Akkreditierungskarten wurden akzeptiert; diese waren nicht einmal bekannt." [7]


In einer Pressemitteilung der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union [14] heißt es:

"Castortransport/Presseausweise
Unrechtmäßiges Vorgehen der Polizei gegen Journalistinnen und Journalisten beim Castortransport 27.11.2011

Es gibt keine rechtliche Grundlage für die Polizei, Bildmaterial von Medienschaffenden zu konfiszieren oder Ausrüstungsgegenstände, die erforderlich für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten sind. Das stellt die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union in ver.di (dju) klar, nachdem dju-Mitglieder von durch die Polizei beschlagnahmten Materialien am Rande des Castortransports durch Niedersachsen berichtet hatten.

Demnach waren Fotografen, die sich sowohl durch den von dju, DJV, freelens, BDZV, DZV oder VDS ausgestellten Presseausweis als auch die von der Polizei erwünschte Akkreditierung legitimieren konnten, gezwungen worden, Bilder zu löschen.

In anderen Fällen wurden Journalistinnen und Journalisten Schutzausrüstungen abgenommen, so dass diese vor Ort nicht mehr weiter arbeiten konnten: „Mit diesem Vorgehen gefährdet die Polizei nicht nur die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen, sondern greift in die Pressefreiheit ein. Das ist nicht hinnehmbar. Betroffene sollten sich dagegen juristisch zur Wehr setzen“, sagte die dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß."


Laut ndr liegen Deutschen Journalistinnen und Journalisten Union (dju) mehrere Gedächtnisprotokolle ihrer Mitglieder mit Details von Übergriffen gegen sie vor.

"Wir erwarten, dass Polizistinnen und Polizisten im Umgang mit Journalisten bei Einsätzen künftig besser geschult werden. Dass Kolleginnen und Kollegen bei der Berichterstattung über diesen Castor-Transport gefährdet wurden, ist ein Skandal", sagt Beate Barrein vom Landesvorstand der dju Niedersachsen-Bremen.

Beim Ausüben ihrer Arbeit und versehen mit ordnungsgemäßen Akkreditierungen wurden Journalisten zum einen gezwungen, Fotos von Polizeieinsätzen gegen Castor-Gegner zu löschen, zum anderen mussten sie flüchten, als sie von Polizisten mit erhobenen Schlagstöcken verfolgt wurden, so Barrein in einer Erklärung. Bei dieser Gelegenheit entstand auch ein Foto.

"Es ist für mich schockierend, dass dieses Foto in Deutschland entstand. Das sehe ich als Angriff auf uns Journalisten und die journalistische Arbeit", so Barrein weiter.
(Aus dem ndr-Bericht "Polizeigewalt: Journalisten sollen sich melden" [15])
Siehe auch das in diesem ndr-Bericht eingebettete Video:
"Castor: Polizei gegen Presse
Dreharbeiten behindert, Fotos gelöscht, Handgreiflichkeiten - Journalisten klagen über schwierige Bedingungen bei der Berichterstattung zum Atommüll-Transport."


Uns liegen Berichte von betroffenen Journalisten aus erster Hand vor, die wir im Folgenden dokumentieren.

Ein freier Journalist schreibt uns:

"Meine persönlichen Erfahrungen waren ähnlich wie bei voraufgegangenen Castortransporten, nämlich ganz unterschiedlich. Ich habe sehr freundliche und auch sehr ruppige Beamte getroffen. Einige Male wurde ich ohne lange Kontrollen durchgewinkt, in anderen Fällen ging trotz Presseausweis und Polizei-Akkreditierung gar nichts.
Negativ-Highlight: Auf einer kleinen Straße bei Siemen, erwas entfernt vom Transportgeschehen, stand ein Polizeiwagen quer. Ich bin ausgestiegen, habe den Presseausweis gezeigt und um Durchfahrt gebeten. Ein Polizist mit hochrotem Kopf schrie mich an: 'Du kannst zu Fuß weitergehen'."

Ein Redakteur einer bundesweiten Tageszeitung berichtet uns:

"Mir wurde, nur kurz, aber immerhin, das Auto durchsucht. Immer wieder wurden ich und viele meiner Kollegen aber auch aus meiner Sicht in kleinen Situationen unnötig aufgehalten. Auch in völlig entspannten Situationen führte die Polizei sehr aufwendige Prüfungen durch: Akkreditierung, Personalsausweis, Presseausweis - viele doofe Fragen. Wiederholt wurde mir vorgeworfen, mein Original-Akkreditierungsschild sei eine plumpe Fälschung. Dann gab es Personalienüberprüfung. Dieses Prozedere manchmal im Abstand von wenigen hundert Metern dreimal hintereinander. Das ist nichts "Großes", aber in der Masse sehr einschränkend. Offenbar sind die Beamten vor Ort nicht in der Lage gewesen, das eigene Akkreditierungsschild der Polizei zu erkennen. Selbst die Akkreditierung ist aber bereits eine Einschränkung.
Pressearbeit muss auch möglich sein, wenn man "nur" (eben nicht "nur"!) einen von den Berufsverbänden ausgestellten Presseausweis bei sich führt. Dies ist im Wendland rund um den Castor de facto unmöglich."


Weitere Medienberichte

 

zurück zur Castor-Übersichtsseite