Ein Erlebnisbericht vom Castor-Transport 2011.

Kriminalhauptkommissar a. D. Feuerhahn arbeitete bis zu seiner Pensionierung im November 2000 insgesamt fast 21 Jahre bei der damaligen Polizeiinspektion Lüchow-Dannenberg. Er hat unter anderem selbst junge Polizeibeamte ausgebildet und war zuletzt Beauftragter für Jugendsachen und Prävention. Er hat etliche Gorlebeneinsätze auf Seiten der Polizei mitgemacht.
Im Zusammenhang mit dem Castor-Transport 2011 geriet er am 27.11.2011 in eine mutmaßliche Polizeikontrollstelle - oder was auch immer das war.

Er kontaktierte uns, denn er ist "entsetzt, welche Verdrehungen bzw. Behauptungen erhoben werden, um eine offensichtlich ohne Rechtsgrundlage durchgeführte Maßnahme nachträglich rechtfertigen zu wollen".
Im Folgenden dokumentieren wir seinen Bericht mit freundlicher Genehmigung:


„Am 27.11.2011 gegen 14.30 Uhr, auf der Heimfahrt von einem Geburtstagsessen, in Dannenberg auf der B 191 Höhe Verladebahnhof, eine Polizeikontrolle.
Während die zwei Fahrzeuge vor mir nach "Gesichtskontrolle" durchgewunken werden, werde ich mit meinem Fahrzeug angehalten (Fensterfahne mit Anti-AKW Symbol in der rechten hinteren Beifahrertür).

Auf meine Frage, was der Anlaß sei, heißt es: "Wohin wollen Sie und ich will in ihren Kofferraum sehen". Ich will nach Hause, sage ich und frage, was die Rechtsgrundlage für die geforderte Durchsuchung des Fahrzeugkofferraumes sei. Antwort: allgemeine Verkehrskontrolle. Der Beamte fragt aber weder nach Führerschein noch nach den Kfz.-Papieren.
Ich versuche klarzumachen, daß es sich bei dem vorliegenden Sachverhalt ja wohl weniger um eine allgemeine Maßnahme der Verkehrskontrolle, sondern um eine anlaßbezogene Kontrolle wegen des Castortransportes handele und bitte um die Darlegung der Gründe und der entsprechenden Eingriffsermächtigung für die Fahrzeugdurchsuchung.
Es dauert eine Weile, der Beamte ist nicht in der Lage, Gründe zu nennen und fordert mich auf, weiterzufahren, zu seinen Kollegen, weil ich die Straße blockiere.
Erkläre, daß ich das nicht mache, das ich jetzt nach Hause fahre, fahre langsam los, an zwei Beamten vorbei.

4 km weiter hinter einer Kreuzung eine weitere Kontrollstelle der Polizei für Fahrzeuge, die aus der Gegenrichtung kommen. Als ich näherkomme, steht eine Polizeibeamtin auf der Abbiegespur der Gegenfahrbahn und machte Bewegungen mit beiden Händen, auf- und abschwenkend. Soll wohl langsamer fahren.
Ich fahre langsamer und weil sie nicht nachläßt zu winken, winke ich freundlich zurück und fahre vorbei.

Vor der Dömitzer Brücke im Rückspiegel näherkommend einen Mannschaftwagen der Polizei mit Blaulicht. Dieser setzt im Überholverbot zum Überholen an, überholt, setzt sich vor mein Fahrzeug und bremst mich plötzlich aus. Ein weiteres Polizeifahrzeug setzt sich hinter meinen Pkw.
Als die durchgezogene Linie endet, will ich überholen, weil der Polizeibus noch langsamer wird.
Plötzlich wird ein Volkspolizei "Anhaltestab?" schwarz-weiß gemustert, aus dem Beifahrerfenster gehalten.

Jetzt kapiere ich, soll wohl anhalten, aber wo, rechts am Fahrbahnrand sind Leitplanken, geht also nicht.

Wir fahren über die Brücke nach Mecklenburg. Auf dem Straßendamm hinter der Brücke Halt und das Fahrzeug ist sofort von Beamten der Sächsischen Polizei umringt.
Steige aus, frage, was das solle? Identitätsfeststellung nach dem Nds. SOG . Erkläre den Beamten, daß sie in Mecklenburg-Vorpommern sind . SOG Niedersachsen gilt hier nicht.

Daraufhin wird mir als Grund erklärt: "Allgemeine Verkehrskontrolle"und daß man mich wegen des Durchbrechens der Kontrollstelle am Verladebahnhof anhält. Schon das ein Widerspruch in sich.
Widerspreche dem Vorwurf, durchgebrochen zu sein, weil ich bei dem kontrollierenden Beamten angehalten hätte. Daraufhin heißt es, ich hätte das Anhaltezeichen (Auf- und Abwinken der Arme) an der zweiten Kontrollstelle mißachtet.
Erkläre, daß ich selbstverständlich angehalten hätte, hätte man mir unmißverständlich durch eindeutige Handzeichen oder mit einer Polizeikelle ein Anhaltesignal gegeben.
Es wird erwidert, daß man die Polizeikelle für die Kontrollen in der Gegenrichtung benötigt hätte und diese deshalb nicht zur Verfügung stand. Das Auf- und Abschwenken der Arme sei ein Anhaltezeichen gewesen.
Personalien (nur meine, nicht die der Beifahrerein) werden aufgenommen, Kontrolle von Fahrzeug und Kofferraum sind plötzlich uninteressant.

Mir wird nach Abschluß der Identitätsfeststellung noch vor Ort die Einleitung eines Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren bekanntgegeben.
Die gesamte Angelegenheit wird in Bild und Ton auf Video aufgenommen, wogegen ich ausdrücklich Widerspruch erhebe.
Die männlichen Beamten weigern sich, mir Ihre Namen und Dienststellen zu nennen. Lediglich die Beamtin gibt ihren Namen mit PM'in F... … an.

Die Anzeige ist inwischen angekommen, Verkehrsregelung auf Kreuzung nicht beachtet! Welche Kreuzung?
Bußgeld 50 Euro und 3 Punkte.

Was ist eigentlich passiert?
Ich habe eine Durchsuchung nicht gestattet. Bin der Weisung eines Polizeibeamten nicht nachgekommen, bei seinen Kollegen nochmals anzuhalten.
Das wäre nach Verkehrsrecht ein Verwarnungsgeld von 20 Euro! Aber Verkehrsrecht??
Verwarnungsgeld-- und dann mit zwei Fahrzeugen gejagt wie ein Schwerverbrecher!
Macht man da nicht eine Halterfeststellung über das Kennzeichen?

Also doch wohl KEINE Verkehrskontrolle!
Eher Verfolgung im Rahmen der "Nacheile" wegen einer ….? Ja, wegen was eigentlich?
Abgesehen davon, daß Beamte anderer Bundesländer nur in dem Bezirk des Landes zuständig sind, in dem sie angefordert und eingesetzt werden, wäre die Identitätsfeststellung im Lande Mecklenburg eine Aufgabe der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern gewesen.

CASTOR-Einsatz, wie in jedem Jahr, Grundrechte außer Kraft gesetzt?

Wohl kaum, eher Beamte überfordert oder schlecht geschult, wahrscheinlich beides!

Oder doch Ausnahmezustand?

Klären wir es mal vor Gericht.

Klaus-Peter Feuerhahn
Kriminalhauptkommissar a. D.″

 

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