Pressemitteilung der „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ vom 5.6.2013

Am 3.9.2011 wurde in Leinefelde eine Gruppe von etwa 80 AntifaschistInnen von der Polizei eingekesselt. Sie hatten gegen den so genannten „Heimattag“ protestiert, der dort regelmäßig von dem bekennenden Nazi Thorsten Heise veranstaltet wird. Nach der abschließenden Kundgebung war der Demonstrationszug, der sich auf dem Rückweg zum Bahnhof befand, von Polizeikräften umstellt worden und sämtliche Personalien wurden aufgenommen. Angeblich sei diese Demonstration verboten gewesen. Diese Ignoranz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit verblüfft, da eine Versammlung nur verboten werden kann, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass von ihr eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.

Alle eingeschlossenen Personen, egal ob sie an der Demonstration überhaupt teilgenommen hatten oder nicht, erhielten in der Folge kurz vor Ablauf der Verfolgungsverjährung Bußgeldbescheide wegen „Teilnahme an einer verbotenen Demonstration".

Die Betroffenen setzen sich hiergegen auf verschiedenen Ebenen juristisch zur Wehr. Über 30 von ihnen legten Einspruch gegen die Bußgeldbescheide beim Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt ein. Einige von ihnen erhoben auch Klagen vor dem Verwaltungsgericht Weimar, die die Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Polizeikessels und der anschließenden Personalienfeststellung zum Ziel haben.

Sowohl in den Bußgeldverfahren als auch in den Klageverfahren wurden von der Thüringer Polizei trotz Rüge durch die Gerichte lediglich in erheblichen Teilen geschwärzte und ohnehin unvollständige Akten übersandt. Auch vorliegendes Videomaterial wurde nicht übermittelt.

Kurze Zeit nachdem das OVG Thüringen im April d.J. nun Zweifel an der Sichtweise der Thüringer Landespolizeidirektion über den Vorfall erkennen ließ, hat das Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt nun die Einstellung aller Bußgeldverfahren beschlossen. Dies bedeutet bei allen Betroffenen den weiterhin bestehenden Makel der angeblich begangenen Ordnungswidrigkeit. Aus diesem Grund haben die meisten Betroffenen diesen unlauteren Kuhhandel abgelehnt und fordern auch weiterhin den gerichtlichen Freispruch.

Auch Roland Laich von der Organisation "BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz" ist verärgert: „Als Beobachter stand ich außerhalb des Polizeikessels und wurde unter Gewaltandrohung in den Kessel gezwungen. Deshalb stellte ich Strafanzeige gegen die Polizei wegen Nötigung und Freiheitsberaubung. Erst seit dem Hinweis des OVG Thüringen wird nun in dieser Sache ermittelt - nach über 15 Monaten Untätigkeit“.