Pressemitteilung der „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz" vom 25.6.2013

In einer bundesweit beachteten dpa-Pressemeldung wird über einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 20.6.2013 (Aktenzeichen 11 LA 1/13) berichtet. Mit diesem Beschluss lehnt das Gericht einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 29.12.2012 (Aktenzeichen 1 A 14/11) gegen ein Mitglied der Göttinger Bürgerrechtsgruppe „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz" ab.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls wird die Bürgerrechtsgruppe nun Verfassungsbeschwerde erheben.

Kern der gerichtlichen Auseinandersetzung ist die Frage, ob Mitglieder von Bürgerrechtsgruppen Personalienfeststellungen befürchten müssen, wenn sie zu Beweiszwecken Foto- oder Video-Nahaufnahmen von PolizeibeamtInnen anfertigen, welche im Verdacht stehen, gegen bestehendes Recht zu verstoßen.

Im konkreten Fall ging es um zwei Beamte, die eine Demonstration als Videodokumentationsteam fast pausenlos und oft aus unmittelbarer Nähe anlasslos filmten. Sie wurden mehrfach von gekennzeichneten Mitgliedern unserer Gruppe, DemonstrantInnen und auch PassantInnen auf die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns aufmerksam gemacht, ignorierten aber alle Hinweise. Als Mitglieder unserer Gruppe Beweisaufnahmen der Beamten anfertigten, kam es zu der von uns gerichtlich angegriffenen Personalienfeststellung.

Durch die Urteile der ersten und zweiten Instanz sowie die Pressemeldung werden wir unter den absurden Generalverdacht gestellt, Abbilder von PolizeibeamtInnen identifizierbar im Internet zu veröffentlichen.

Genau das Gegenteil ist der Fall: „Das von uns gefertigte Beweismaterial findet ausschließlich bei Gerichtsverfahren Verwendung. Selbstverständlich kommunizierten wir auch den Beamten in der streitigen Situation, dass keine Veröffentlichung stattfinden wird", stellt Roland Laich von der Bürgerrechtsgruppen klar.

Solange es nicht möglich ist, uniformierte StraftäterInnen anhand einer individuellen Kennzeichnung ermitteln zu können, ist es notwendig, diese durch Foto- oder Videoaufnahmen gerichtsfest identifizieren zu können. Genau dies ist eine unserer Aufgaben als Bürgerrechtsgruppe „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz". Denn eine Vielzahl von zur Anzeige gebrachten Übergriffen durch PolizistInnen werden von den ermittelnden Staatsanwaltschaften eingestellt, weil die TäterInnen nicht ermittelt werden können, oftmals sind die Verdächtigen sogar vermummt. Ein Beispiel für diese Rechtslücke aus der jüngeren Vergangenheit zeigt die gemeinsame Pressemitteilung von uns und weiteren Göttinger Gruppen vom 28.5.2013 auf: „Niedersächsischer Koalitionsbeschluss zur individuellen Kennzeichnung von PolizeibeamtInnen muss zügig umgesetzt werden - Nichtaufnahme von Ermittlungen gegen uniformierte GewalttäterInnen wegen Nichtidentifizierbarkeit: Sieben auf einen Streich!".

Unsere Aufgabe ist es, die Einhaltung von Recht und Gesetz durch die Polizei zu kontrollieren. Dass dies bitter nötig ist, haben die gewaltsamen Polizeiaktionen in Frankfurt oder Wolfsburg einmal mehr bewiesen.

» Zum Pressespiegel