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Resümee zur den Protesten gegen die Querdenkendemo am 1. April 2023 in Göttingen
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Am Samstag, den 1. April fand eine als "Friedensdemonstration" deklarierte Querdenkendemonstration in Göttingen statt, die am Bahnhof startete und anschließend in einer langen Demoroute durch die Innenstadt verlaufen sollte. Als Bürgerrechtsorganisation "Bürger:innen beobachten Polizei und Justiz" begleiteten wir die vom Bündnis gegen Rechts und verschiedenen antifaschistischen Gruppen initiierten Gegenproteste, die sich auf eine große Kundgebung am Bahnhof und weitere Kundgebungen in der Innenstadt verteilten.
Freispruch nach haltloser Anschuldigung durch Neonazis
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Am 9. Februar 2023 wurde vor dem Amtsgericht Göttingen ein Vorfall verhandelt, der ziemlich genau ein Jahr zurücklag. Am Rande der damaligen Anti-Atom-Mahnwache am 7. Februar 2022 tauchte am Gänseliesel in Göttingen eine Clique von vier Männern einschließlich des in der Region bekannten Neonazis Jens Wilke auf. Die Teilnehmer*innen der Anti-Atom-Mahnwache äußerten ihren Unwillen über die als provozierend empfundene Anwesenheit der leicht alkoholisierten vier Männer. Als die vier Rechten zögerlich das Feld räumten, wurden sie – in einigem Abstand – von Frau X begleitet, die sich vergewissern wollte, dass die Störenfriede tatsächlich den empfohlenen Heimweg antreten. Die vier zugreisten Rechten wandten sich an eine ihnen zunächst im Auto folgende zweiköpfige Polizeistreife, die den Vorgang beobachtet hatte, und erstatteten Anzeige wegen Beleidigung. „Verpiss dich – du Nazischwein!“ wollen sie unter anderem gehört haben.
Wir sind im Fediverse
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In eigener Sache:
Auch wir sind jetzt im Fediverse. Besucht ab sofort unser Profil bei Mastodon: @beobachtung_goe@bewegung.social.
Als Bürgerechtsgruppe sehen wir sehr viele Gründe, solchen Plattformen den Rücken zu kehren, die zusehends Hass und Hetze nicht nur tolerieren, sondern sogar aktiv fördern.
Auf unserem Twitter-Profil werden wir deshalb nur noch unsere neuen Tröts bei Mastodon cross-posten.
Wir freuen uns, wenn ihr uns nun bei Mastodon folgt und dort auch selbst aktiv werdet.
Drei hilfreiche Links für den Einstieg:
https://digitalcourage.de/digitale-selbstverteidigung/fediverse
https://www.heise.de/ratgeber/Mastodon-statt-Twitter-Was-Sie-beim-Wechsel-beachten-muessen-7361169.html?seite=all
https://www.heise.de/hintergrund/Fediverse-Was-Sie-ueber-Mastodon-und-Co-wissen-muessen-7363423.html?seite=all
Demobeobachter*innen erringen vor Gericht einen wichtigen Sieg
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Demobeobachter*innen erringen vor Gericht einen wichtigen Sieg:
Warum nicht alle in einen Topf (Kessel) geworfen werden dürfen …
Mit Beschluss vom 11.08.2022 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Az. VGH 1 S 326/22) ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.11.2021 (Az. 5 K 2034/20) bestätigt. Dieses hatte festgestellt, dass diverse polizeiliche Maßnahmen (u.a. Feststellung der Personalien, Durchsuchung und Erteilung eines Platzverweises) gegen zwei Demobeobachter*innen rechtswidrig gewesen sind.
§ 201 StGB als mögliches Hindernis bei der Dokumentation polizeilichen Handelns?
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Durch die Strafvorschrift des § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) wird ua. diejenige mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht, die unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt. Da bei der Anfertigung eines Handy-Videos in der Regel automatisch die Tonaufnahme mitläuft, kann der Tatbestand des § 201 StGB auch so verwirklicht werden.
Strafbar macht sich zum Beispiel diejenige, die sich mit zur Aufnahme aktiviertem Mobiltelefon von hinten an zwei Bereitschaftspolizisten*innen heranschleicht, die dienstlich ein Fußballspiel begleiten und sich dabei über das Scheitern ihrer letzten Beziehung oder Probleme bei der Kindererziehung unterhalten.
Aber ist es auch strafbar, eine ruppige Personalienfeststellungen einer Person of Color durch die Polizei mit dem Handy zu dokumentieren, wenn dabei auch die Tonspur aktiv ist?
Wenn es nach den Empfehlungen der großen Interessenverbände der Polizei, diversen Staatsanwaltschaften oder einigen Amtsgerichten geht: Ja! Denn diese legen den Begriff des „nichtöffentlich gesprochenen Wortes“ sehr weit aus und fassen darunter jede – auch dienstliche – Äußerung, die nicht bewusst an einen nicht für einen größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten Personenkreis gerichtet ist. Diese Auslegung kann als Hebel dienen, um eine bürgerrechtliche motivierte effektive Polizeibeobachtung erheblich zu erschweren. Denn es droht den Beobachter*innen nicht nur eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe, sondern sie müssen bereits an Ort und Stelle mit einer Beschlagnahme des eigenen Mobiltelefons rechnen.
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir Stimmen in der Literatur und in der Rechtsprechung, die hier bei der Auslegung der Strafvorschrift von § 201 StGB behutsamer vorgehen. Wir empfehlen zur Lektüre den Aufsatz von Myriam-Sophie Wyderka mit dem Titel „Darf man Polizisten (mit Tonaufnahme) filmen?“ (ZD-Aktuell 2019, 06823 – auch über das Portal beck-online veröffentlicht) sowie den Beschluss des Landgerichts Kassel vom 23.9.2019 (Az. 2 Qs 111/19).
Demonstrationsbeobachtungsgruppen koordinieren bundesweit rechtliche Schritte gegen Behinderung ihrer Arbeit
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Mit insgesamt fünf Klagen zu vier Geschehnissen gehen Demonstrations- und Polizeibeobachtungsgruppen aktuell gegen die zunehmende Behinderung ihrer Arbeit durch Polizeieinsatzkräfte vor. Verwaltungsgerichtliche Klageverfahren wurden vor den Verwaltungsgerichten in Stuttgart, Karlsruhe, Göttingen und Kassel erhoben. Die fünf Klägerinnen und Kläger im Alter von 32 bis 76 Jahren machen geltend, im Zusammenhang mit der Beobachtung von verschiedenen Polizeieinsätzen in ihrer Arbeit behindert worden zu sein.
Ein Demobeobachter der Gruppe „Demobeobachtung Südwest“ filmte am 11.05.2019 in Pforzheim Rangeleien und Schlagstockeinsätze durch Bundespolizisten gegen eingekesselte Demonstrationsteilnehmer. Mit der Behauptung, dass es sich nicht um Demonstrationsteilnehmer sondern um Straftäter handele, unterbanden die Polizeieinsatzkräfte das Filmen, nahmen die Personalien des Beobachters auf und erteilten ihm einen Platzverweis. Am 24.05.2019 verfügten Polizeibeamte der Göttinger Polizeidirektion eine Personalienfeststellung gegenüber einer Beobachterin der Göttinger Gruppe „Bürgerinnen und Bürger beobachten Polizei und Justiz“. Die 32-jährige hatte polizeiliche Maßnahmen gegenüber Teilnehmern einer fridays for future-Demonstration in Göttingen dokumentiert. Zwei weitere Kläger der Gruppe „Demobeobachtung Südwest“ waren nur einen Tag später, am 25.05.2019 trotz ihrer Kennzeichnung als Demonstrationsbeobachter durch die Einsatzkräfte in Stuttgart nach einer Versammlung zu Versammlungsteilnehmern erklärt, festgehalten, fotografiert und ihre Daten in Polizeidatenbanken gespeichert worden. Am 20.07.2019 dokumentierte ein Mitglied der Göttinger Gruppe „Bürgerinnen und Bürger beobachten Polizei und Justiz“ polizeiliche Maßnahmen gegenüber Demonstrierenden vor dem Gebäude des Polizeipräsidiums Nordhessen in Kassel. Unter Androhung der Beschlagnahme der Kamera wurde der 53-jährige Polizeibeobachter gezwungen, die Dokumentation zu beenden und seine Personalien an die Beamten herauszugeben.
Mit Beschluss vom 25.07.2015 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter dem Az. 1 BvR 2501/13 die Rechte der unabhängigen Demonstrations- und Polizeibeobachtung gestärkt. Hiernach besteht das Recht, frei von staatlichen Eingriffen wie Personalienfeststellungen oder Platzverweisen das Verhalten von Polizeikräften im Zusammenhang mit Versammlungen zu beobachten und ggf. Beweise für Fehlverhalten von Polizeibeamten auch in Bild und Ton zu dokumentieren.
Im November letzten Jahres trafen sich Polizei- und Demobeobachtungsgruppen aus Berlin, Baden-Württemberg, Niedersachsen und NRW zu einem bundesweiten Vernetzungstreffen. Sie weisen entschieden die stetigen Zunahmen der Einschränkungen ihrer wichtigen Arbeit zurück. Ihre Arbeit sei für einen Rechtsstaat unerlässlich, da unrechtmäßiges Polizeihandeln regelmäßig nur durch Vorlegen von Filmaufnahmen gerichtlich verfolgt und aufgeklärt wird.
Nachschau auf die polizeilichen Auflösungen der Aktion „Spuren hinterlassen“ am 5. 4. 2020 in Göttingen und bundesweit
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Die Ereignisse am 5. 4. 2020 in Göttingen, machen uns mit zunehmendem zeitlichem Abstand immer fassungsloser: Zum Zeitpunkt der Anordnung zur Auflösung der Demonstration befanden sich auf der gesamtem Fläche zwischen der Bushaltestelle vor dem Neuen Rathaus und dem Bauzaun an den Wasserspielen 8 Polizisten und 20 weitere Personen. Auf dem gegenüberliegenden Gehweg bis zum Fußgängerüberweg an der Keplerstraße befanden sich 5 Polizisten und ca. 15 weitere Personen (in jedem Supermarkt ist aktuell die Personendichte weitaus höher). Zu den wenigen Situationen mit geringeren Abständen als 1,5 m, z.B. am Fußgängerüberweg zum Neuen Rathaus, kam es erst durch die Räumungsanordnung der Polizei.
Diese argumentierte in der Presse und auch gegenüber unserem von der ersten Personalienfeststellung dieses Tages betroffenem Mitglied, es sei für sie selbst ungefährlich, einen geringeren Abstand einzuhalten, da sie im Moment in festen Besetzungen im Einsatz seien. Abgesehen von einer offenkundig völlig falschen Einschätzung des Infektionsrisikos innerhalb des Polizeipersonals offenbart dies, dass sie den Kern der Kritik nicht verstanden haben: Durch das drastische Unterschreiten des Mindestabstandes zu einigen, gegen die sie Maßnahmen durchführten, gefährdeten sie diese Personen und ihre Angehörigen. Die wiederholt deutlich ausgesprochene Aufforderung unseres Mitglieds auf den Mindestabstand zu achten, wurde ignoriert – selbst nach dem Hinweis, dass er in einem Haushalt mit einer Risikoperson lebe.
Dieses Personen gefährdende Verhalten ist im Hinblick auf die Begründung der Räumungsanordnung, der Mindestabstand sei nicht eingehalten worden, völlig unangemessen.
In der Gesamtschau wirft das die Frage auf, worum es bei der Auflösung der gestrigen Aktion tatsächlich ging. Stellt man die grotesken Vorgänge in Göttingen in einen bundesweiten Zusammenhang, stellt sich die Frage noch drängender: Von der Kleinstadt bis zur Hauptstadt wurden jedwede Versammlungen in diesem Kontext entweder von vorherein oder im weiteren Ablauf unterbunden.
Wir sehen auch einen starken Zusammenhang zwischen der aktuellen de-facto-Abschaffung des Grundrechts auf Versammlung und der extrem menschenrechtsmissachtenden Abschottungspolitik der EU. Wir alle erleben in diesen Tagen, dass Grund- und Menschenrechte über Bord geworfen werden. Die Begründungen für das Außerkraftsetzen der Versammlungsfreiheit sind hochgradig demokratiefeindlich. Die Abschottungspolitik ist rassistisch bzw. nationalistisch motiviert.
Polizei in Corona–Ausnahmezustand: Grundrechte jetzt generell suspendiert?
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Unsere Initiative hat am heutigen Tag die Aktion „Spuren hinterlassen“ begleitet, die vor dem Neuen Rathaus und am Gänseliesel auf die Situation Geflüchteter in Griechenland aufmerksam gemacht hat. Die Pandemie-Auflagen wurden nach unserer Beobachtung durch die Teilnehmer*innen eingehalten: Gruppen von höchstens zwei Personen mit einigen Metern Abstand malten Schuhabdrücke und Parolen auf den Steinboden.
1,5 Stunden nach Beginn forderte die Polizei plötzlich zwei Aktionsteilnehmerinnen und ein Mitglied unserer Gruppe auf, sich weiter auseinander zu begeben, obwohl die adressierten Teilnehmerinnen sich mindestens 1,5 Meter entfernt von unserem Mitglied aufhielten. Von den Beteiligten – und insbesondere von unserem Mitglied – wurden die Personalien aufgenommen. Dies war Anlass für die Polizei, die 20 bis 30 Teilnehmer*innen auf dem Vorplatz des Neuen Rathauses insgesamt als Versammlung zu werten und diese aufgrund der aktuellen Verordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie aufzulösen. Dabei wurden alle Teilnehmer*innen gefilmt. Obwohl sich bereits bei der ersten Aufforderung die 20 bis 30 anwesenden Personen bis hin zum Gebäude der Raiffeisenbank verteilten, erging eine zweite Aufforderung der Polizei die Versammlung aufzulösen und im Anschluss weitere Personalienfeststellungen trotz weiterhin sichergestellter Einhaltung der Verordnungsvorgaben. Dabei haben die Polizist*innen weder selbst untereinander den gebotenen Sicherheitsabstand eingehalten noch sich und andere durch Mundschutz oder Handschuhe geschützt.
Das Versammlungsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit sind im Rahmen des Infektionsschutzes so gut wie möglich miteinander in Einklang zu bringen. Das bedeutet: Versammlungen, die so durchgeführt werden, dass von ihnen keine erhöhte Infektions-bzw. Übertragungsgefahr ausgeht, müssen rechtlich zulässig sein und auch praktisch möglich bleiben.
„Das gesamte Geschehen wird noch ein verwaltungsgerichtliches Nachspiel haben. Denn auch in Zeiten der Pandemie löst sich das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Grundgesetz nicht in Luft auf“, so Roland Laich.
„Des Weiteren sind unsere Rechte als Beobachter*innen durch die polizeilichen Maßnahmen in unzulässiger Weise verletzt worden“, so Roland Laich weiter. „Im Umgang mit unserer Arbeit, deren Wichtigkeit aus rechtsstaatlicher Sicht auch das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich unterstrichen hatte, lassen die heutigen Maßnahmen gegen unsere Mitglieder eine erschreckende Ignoranz geltender höchstrichterlicher Rechtsprechung erkennen.“
Insgesamt bewerten wir die sich abzeichnende Tendenz, jegliche Versammlungen zu verbieten und zu unterbinden, als verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Die einzige Gefahr ging an diesem Tag von den ca. 15 Beamten aus, die ohne Mundschutz und ohne Handschuhe den gebotenen Sicherheitsabstand zu den Anwesenden oftmals ignorierten. Infektionsschutz sieht anders aus!
„Empfehlungen für OSZE-Teilnehmerstaaten“ zur Versammlungsfreiheit
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Die aktuellen „Empfehlungen für OSZE-Teilnehmerstaaten“ zur Versammlungsfreiheit sind Bestandteil des „Report: Monitoring of Freedom of Peaceful Assembly in Selected OSCE Participating States (May 2017–June 2018)“ vom 19.9.2019. Dieser Report wird regelmäßig herausgegeben von der der OSZE-Unterorganisation „Office for Democratic Institutions and Human Rights“ (OHDIR).
Der Report kann im englischsprachigen Original heruntergeladen werden. Die „Consolidated Recommendations For OSCE Participating States“ befinden sich auf den Seiten 10 bis 17.
Die vorherige Version wurde von Demobeobachtung-Suedwest übersetzt. Deren englisch- und russischsprachiges Original befindet sich im Bericht „Monitoring of Freedom of Peaceful Assembly in Selected OSCE Participating States (April 2015 – July 2016)“ vom 16.12.2016 auf den Seiten 10 bis 18.
Für das Verständnis sei erwähnt, dass die OSZE eine überstaatliche Institution ist und die Empfehlungen sich in erster Linie an Behörden und Gesetzgebungsorgane der OSZE-Mitgliedsstaaten richten.
Bei der Übersetzung haben wir uns bewusst möglichst nahe an den Originalformulierungen gehalten und haben bei einer Reihe von Begrifflichkeiten nicht auf Ausdrücke der deutschen Behördensprache zurückgegriffen. Denn diese werden durch deutsche Gesetze und Vorschriften definiert und dadurch inhaltlich interpretiert bzw. konnotiert. Indem wir auf solche Behördenausdrücke verzichten, wollen wir vermeiden, dass die Übersetzung durch einen spezifisch deutschen Gesetzgebungs- und Behördenblick verzerrt wird, der unweigerlich immer parteiisch und stark interpretativ sein wird.
Es folgt der übersetzte Wortlaut:
Zusammengefasste Empfehlungen für OSZE-Teilnehmerstaaten
Wortmeldung der Bürgerrechtsgruppe „Bürger*innen beobachten Polizei und Justiz“ aus Deutschland beim „Supplementary Human Dimension Meeting III“ der OSZE am 21.-22.11.2019 in Wien
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(Please see English version below.)
Zunächst möchten wir kurz unsere Organisation und unsere Arbeitsweise vorstellen:
Unsere Gruppe wurde im Jahr 2010 gegründet. Der Fokus unserer Arbeit liegt auf dem Polizeiverhalten im Kontext von Versammlungen in Deutschland. Dafür dokumentieren wir Polizeimaßnahmen auf Video. Dieses Material wird ausschließlich als Beweismaterial aufgenommen für Gerichtsverfahren, die sich an Versammlungen anschließen. Beispiele sind Strafverfahren gegen Demonstrierende oder verwaltungsrechtliche Verfahren, in denen die Unrechtmäßigkeit bestimmter Maßnahmen festgestellt werden soll.
Im Fall außergewöhnlicher Ereignisse bei Versammlungen oder auch wenn die Polizei unzutreffende Erklärungen zu einem Ereignis abgibt, veröffentlichen wir Pressemitteilungen.
Wir sind gut vernetzt mit allen unabhängig organisierten und regelmäßig arbeitenden Beobachtungsgruppen in Deutschland. Diese Gruppen arbeiten mit unterschiedlichen Methoden. Keine dieser Gruppen verfügt über ein Budget oder bezahlte Stellen. Wir engagieren uns in unserer Freizeit auf ehrenamtlicher Basis ohne Honorar oder Aufwandsentschädigung.
Legt man als Maßstab die Empfehlungen des ODIHR zur Freiheit für friedliche Versammlungen an eine ganze Reihe von Ereignissen in Deutschland an, so erkennt man auch bei uns einen großen Widerspruch zwischen diesen Empfehlungen und der ausgeübten Polizeipraxis.
Bei der Ausübung unserer Beobachtungsmissionen in Deutschland seit 2010 haben wir viele Fälle von Verstößen gegen die ODIHR-Empfehlungen erfahren, die sich gleichermaßen gegen Versammlungsteilnehmer*innen wie auch gegen uns als Beobachter*innen richteten. Unsere Arbeit wird z.B. durch Personalienfeststellungen, Platzverweise und Dokumentationsverbote bis hin zur Drohung aufgrund einer angeblichen Begehung einer Straftat (StGB § 201) und der Beschlagnahme unseres Equipments behindert.
Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Braunschweiger BFE-Beamte
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Pressemitteilung der „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ vom 14.12.2018 zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Braunschweiger BFE-Beamte im Kontext der Anti-Repressions-Demo am 9.12.2017
Online-Forschungsprojekt zu „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte“ gestartet
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Am 8. November 2018 startete das von der DFG geförderte Forschungsprojekt „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte“ (KviAPol) der Ruhr-Universität Bochum eine Online-Befragung von Betroffenen unverhältnismäßiger Polizeigewalt. Personen, die übermäßige körperliche Gewalt durch die Polizei in Deutschland erlebt haben, können noch bis 13. Januar 2019 teilnehmen. Alle Angaben sind freiwillig und werden anonym erhoben.
Der Onlinefragebogen ist auf Deutsch, Englisch, Französisch und Arabisch abrufbar.
Ein Infoflyer auf Deutsch und Englisch kann auf der Internetseite des Projekts heruntergeladen oder kostenfrei bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! bestellt werden (PGP-Schlüssel).
Weitere Infos:
Internetseite des Forschungsprojekts
KviAPol bei Twitter
KviAPol bei Facebook
Das Forschungsprojekt „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte“ (KviAPol) von Tobias Singelnstein, Laila Abdul-Rahman, Hannah Espín Grau und Nadine Drolshagen wird von der DFG gefördert. Sie stehen für Rückfragen gerne per Email oder Telefon zur Verfügung.
Studie zu rechtswidriger Polizeigewalt aus Opferperspektive
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Der Lehrstuhl für Kriminologie der Ruhr-Universität Bochum führt eine zweijährige Studie durch zu rechtswidriger Polizeigewalt aus der Perspektive der Opfer. Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte - Viktimisierungsprozesse, Anzeigeverhalten, Dunkelfeldstruktur“ hat sich das Ziel gesetzt, zu ermitteln, welche Personen in welchen Situationen Opfer von Gewalt durch Polizeibeamte werden, wer warum Anzeige erstattet oder nicht und wie das Dunkelfeld aussieht. Das Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Tobias Singelnstein wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.
Bürgerrechtsorganisation dokumentiert Polizeigewalt und Verhinderung ärztlicher Hilfe
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Am Samstag, den 09.12.2017 fand in Göttingen die Demonstration „gegen G20 Repressionen“ mit ca. 600 TeilnehmerInnen statt. Kurz vor Ende der Demonstration kam es durch Beamte der Braunschweiger Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit zur Festnahme eines Ordners. Dieser hatte sich während der Demonstration in angespannten Situationen mehrfach deeskalierend verhalten.
Bundesverfassungsgericht unterstreicht Recht auf Dokumentation von Rechtsverstößen durch die Polizei bei Demonstrationen zu Beweiszwecken
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Pressemitteilung der „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ vom 8.10.2015
Bereits am 24. Juli 2015 fällte das Bundesverfassungsgericht einen heute veröffentlichten Beschluss, mit dem das Engagement für Bürgerrechte bei Demonstrationen gestärkt wird. (Aktenzeichen 1 BvR 2501/13). Dem Gericht zufolge darf die Polizei nicht rein präventiv gegen das Anfertigen von Foto- und Filmaufnahmen ihres Auftretens vorgehen. Dies wäre nur dann erlaubt, wenn „tragfähige Anhaltspunkte“ dafür vorliegen, „dass die Filmaufnahmen der Versammlungsteilnehmer später veröffentlicht werden sollen und nicht anderen Zwecken, etwa der Beweissicherung, dienen.“, teilt das Gericht in seiner Pressemitteilung mit.
Göttinger Bürgerrechtsgruppe fordert Ende des Einsatzes der BFE bei Versammlungen
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Pressemitteilung der „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ vom 26.8.2016
Als „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“, hatten wir in letzter Zeit mehrere Gelegenheiten, die Wirkung des Polizeieinsatzkonzepts auf den Verlauf einer Kundgebung bzw. Demonstration in Hinblick auf Friedlichkeit oder Eskalation zu beobachten.
Das Thema und die Beteiligten waren jeweils gleich – das Göttinger Bündnis gegen Rechts und viele Antifaschistinnen und Antifaschisten gegen den „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“. Die Polizeieinsatzkräfte kamen stets aus Niedersachsen. Die Orte waren unterschiedliche Kundgebungsorte in Göttingen.
Bei zwei der Kundgebungen (21.05.16 am Bahnhofsvorplatz und 31.07.16 auf dem Albaniplatz) trat die Polizei nach unserer Beobachtung von Anfang an aggressiv auf, setzte unverhältnismäßig körperliche Gewalt ein und prügelte sich rücksichtslos durch eine friedlich stehende Menschenmenge mit Kindern und Älteren – dies alles aus eher geringfügigem Anlass. Das Provozieren von Gegenwehr war in diesen Fällen nach unserer Einschätzung offenkundiges Ziel der Einsatztaktik. Ohne diese polizeilichen Maßnahmen wäre es nicht zu Verletzten auf beiden Seiten gekommen. Hierbei stach insbesondere die BFE als Aggressor ins Auge.
Datenbasar: Nix da!
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Auch für Polizei, Innenministerium und Verfassungsschutz gilt: Demo-AnmelderInnendaten sind zu schützen – die Weitergabe ist rechtswidrig!
Pressemitteilung der BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz Göttingen vom 19. Juli 2015
Was ist eigentlich passiert?
Mehreren AnmelderInnen von Demonstrationen in Göttingen fiel im Zuge von anwaltlicher Akteneinsicht auf, dass sich darin sehr schwatzhafte „Verlaufsberichte“ aus der Feder der örtliche PolizeibeamtInnen befanden. Darin u.a. enthalten: Name, Adresse und teilweise Telefonnummer der AnmelderInnen sowie eine Auflistung der anwesenden PressevertreterInnen. Der E-Mail-Verteiler dieser „Verlaufsberichte“ war beachtlich: Verschiedene Polizeidienststellen, das Lagezentrum des Innenministeriums und bei einigen sogar der Verfassungsschutz. Neben grundsätzlichen, datenschutzrechtlichen Belangen geht es einer der Klägerinnen auch um Folgendes: „Nehme ich mein Grundrecht auf Demonstration wahr, darf das nicht zur Folge haben, in den Akten als „polizeibekannte Linksaktivistin“ stigmatisiert zu werden“.
Göttinger BFE veranstaltet Menschenjagd
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Für Samstag, den 10.09.2016 hatte die NPD bundesweit zu einem Aufmarsch durch Göttingen aufgerufen, der von der Stadt Göttingen verboten wurde. Das Verbot wurde vom Verwaltungsgericht Göttingen und dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht bestätigt.
Gegen die stattdessen genehmigte Kundgebung vor dem Göttinger Bahnhof formierte sich ein breiter Protest: Am Abend des 09.09. und am Vormittag des 10.09. fanden Demonstrationen statt. Die Nazikundgebung mit ca. 90 Teilnehmenden wurde von etwa 900 Gegendemonstrant/innen übertönt. Bei einer „Spendengala“ unter dem Motto „Rechts gegen Rechts“ kamen 6300 € Spenden für „Sea-Watch e.V.“ zusammen.
Um 13 Uhr reisten die Neonazis wieder ab, um im Anschluss an die ihre Kundgebung in Göttingen nahezu unbehelligt durch Northeim zu marschieren.
Während dieser Versammlungen verfolgte die Polizei ein weitestgehend zurückhaltendes Einsatzkonzept. Am Nachmittag hingegen veranstaltete die Göttinger BFE eine Menschenjagd, die erschreckend an den Tod der Antifaschistin Conny W. erinnert.
Pressemitteilung der „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ vom 10.9.2016
Bei der Rückreise der Neonazis durch Göttingen am 10.09.2016 mussten wir erschreckende Szenen beobachten: Die Göttinger BFE trieb AntifaschistInnen in den fließenden Verkehr über die Berliner Straße. Sie verfolgte diese in die Goetheallee und setzte ihnen mit hoher Geschwindigkeit mit einem Einsatzfahrzeug über den Wall nach. Ein Grund für diese Menschenjagd war für uns nicht ersichtlich, da von den AntifaschistInnen keine erkennbaren strafbaren Handlungen ausgingen. Für uns stellt sich der Zusammenhang so dar, dass der Platz freigemacht werden sollte für das, was sich kurz darauf abspielte: 10 Neonazis wurden mit einer großen Polizeieskorte aus dem Bahnhof zur Bushaltestelle begleitet und in einen Linienbus nach Adelebsen verabschiedet.
Fälle von individueller Polizeigewalt
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Immer wieder erreichen uns aus dem ganzen Bundesgebiet Mitteilungen von Opfern individueller Polizeigewalt oder deren Angehörigen. Die Bandbreite dessen, was sie uns erzählen, ist groß. Sie reichen von Untätigkeit bei rassistischen Angriffen bis zur schweren Körperverletzung mit Todesfolge. Beispiele:
- Der Besitzer eines Wanderzirkus war häufig betroffen von rassistischen Pöbeleien, Bedrohungen und Angriffen. Rief er die Polizei, so ließ diese sich oft erst nach längerer Zeit oder gar nicht blicken. Auch als ein Stein nur knapp sein im Bett schlafendes Kind verfehlte, reagierten die herbeigerufenen Polizisten mit Abwiegeln.
- Eine Mutter erzählte uns, wie ihr jugendlicher Sohn auf einem Jahrmarkt festgenommen und anschließend in der Polizeiwache krankenhausreif geschlagen wurde.
- Einer Frau wurde nach ihrer Festnahme auf der Wache ein Arm gebrochen.
- Ein Vater berichtete von seinem Sohn, der ebenfalls auf einer Polizeiwache schwer misshandelt wurde. Der auf die Wache herbeigerufene Vater traf dort seinen Sohn in Todesangst an. Nach dieser Misshandlung fühlte sich der Sohn tagelang unwohl, hatte starke Kopfschmerzen. Wenige Wochen darauf starb er plötzlich. Der Vater klagte vergeblich durch alle Instanzen, der Obduktionsbericht wird ihm bis heute vorenthalten.
Das Recherchezentrum correctiv berichtet im Beitrag „Wenn Polizisten prügeln” exemplarisch und zusammenfassend über das erschreckend hohe Außmaß an individueller Polizeigewalt, ebenso über die verschwindend geringe juristische Ahndung dieser Vielzahl an Fällen ungesetzlicher und roher Gewalt.
Leider sind wir nicht in der Lage, den Betroffenen eine individuelle und effektive Unterstützung anbieten zu können. Wir müssen uns in unserer Arbeit auf einige Schwerpunkte konzentrieren, sowohl inhaltlich als auch regional.
Um Menschen, die uns auf der Suche nach Hilfe kontaktieren — denn eine solche existiert fast nirgendwo — nicht gänzlich im Regen stehen lassen zu müssen, möchten wir an dieser Stelle einige Hinweise geben:
Polizei erkennt an: Weitergabe persönlicher Daten in polizeilichen "Verlaufsberichten" über großen Verteiler war rechtswidrig
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Aufgrund eines Runderlasses des niedersächsischen Innenministeriums vom 1.8.2012 schreiben Polizeidienststellen in Niedersachsen im Anschluss an Versammlungen so genannte „Verlaufsberichte“. Diese werden über einen großen E-Mail-Verteiler an verschiedene andere Polizeidienststellen des Landes, an das Lagezentrum im niedersächsischen Innenministerium und in nicht wenigen Fällen auch an den Landesverfassungsschutz weiter geleitet.
Jahrelang war es Praxis darin persönliche Daten der AnmelderInnen von Versammlungen aufzulisten: Namen, Adressen und teilweise auch Telefonnummern liefen so über Dutzende Schreibtische und Bildschirme. Auch kleine und in den bekannten Fällen (in Göttingen und Hannover) fast ausnahmslos völlig friedliche Versammlungen waren betroffen. Zusätzlich fanden sich in einigen Fällen eine Auflistung der bei den Versammlungen anwesenden PressevertreterInnen.
Auch aus Berlin sind ähnliche Fälle bekannt geworden.
Gegen diese Missachtung des Grundrechts auf Versammlungfreiheit und elementarer Datenschutzrechte erhoben insgesamt fünf Betroffene aus Göttingen Klage. Diese hatten nun Erfolg:
Niedersächsische „Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger und Polizei“
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Zum 1.7.2014 wurde in Niederachsen eine „Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger und Polizei eingerichtet. Sie nimmt „Beschwerden und Anregungen″ von „Bürgerinnen und Bürger und Beschäftigten der Polizei″ entgegen, „die den Geschäfts- und Tätigkeitsbereich des Innenministeriums betreffen″, also insbesondere auch das Auftreten und Handeln der niedersächsischen Polizei. Hinweise und Meldungen werden von der Beschwerdestelle formlos und auch anonym aufgenommen, eine Beantwortung wird versprochen, sofern dies gewünscht wird.
Auf der Seite der Beschwerdestelle finden Sie Telefonnummer und -zeiten, Email-Adresse und Anschrift.
Obgleich sich die Beschwerdestelle als „unabhängige Stabsstelle″ bezeichnet, ist sie direkt dem Innenministerium unterstellt, also der obersten Dienstherrin von Landespolizei und Landesverfassungsschutz. Einer tatsächlichen Unabhängigkeit von den Exekutivbehörden, wie sie in den „Kriterien für eine unabhängige Kontrollinstanz zur Untersuchung von Polizeigewalt″ von Amnesty International, der Humanistischen Union, der Internationalen Liga für Menschenrechte, dem Komitee für Grundrechte und Demokratie und dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein gemeinsamen erarbeitet wurden, wird die neu geschaffene niedersächsische Beschwerdestelle damit in keiner Weise gerecht. Dort heißt es nämlich:
„Die Kommission soll ausschließlich für Fälle von mutmaßlich rechtswidriger Gewalt sowie anderer schwerwiegender Menschrechtsverletzungen zuständig sein, die von Polizei- oder Zollbediensteten ausgeübt wurden. (...) Die Kommission soll nicht an die Exekutive angebunden sein.″
Niedersächsischer Koalitionsbeschluss zur individuellen Kennzeichnung von PolizeibeamtInnen muss zügig umgesetzt werden
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Gemeinsame Pressemitteilung, 28.5.2013
Antifaschistische Linke International A.L.I.
Attac Göttingen
BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz, Göttingen
Die Linke Kreisverband Göttingen
Grüne Jugend Göttingen
Jusos Göttingen
GRÜNE Kreisverband Göttingen
Piratenpartei Landesverband Niedersachsen
- Gewerkschaft der Polizei (GdP) scheut öffentliche Diskussionsveranstaltung
- Behauptete Gefährdung von PolizeibeamtInnen durch individuelle Kennzeichnung offensichtlich nicht haltbar
- Nichtaufnahme von Ermittlungen gegen uniformierte GewalttäterInnen wegen Nichtidentifizierbarkeit: Sieben auf einen Streich!
Innere Psychologie auf der Wache und im Einsatz
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Im Beitrag „Atmosphäre der Hörigkeit” der Stuttgarter Online-Wochenzeitung Kontext erklärt Rafael Behr, 15 Jahre Polizeibeamter und heute Professor an der Hochschule der Polizei in Hamburg, warum PolizistInnen nicht gegen KollegInnen aussagen und warum er für eine individuelle Kennzeichnung ist. Auch das Selbstverständnis von PolizeibeamtInnen innerhalb der Gewaltenteilung, ihr Verhältnis zu Demonstrierenden und das periodisch wiederkehrende Beklagen steigender Gewalttaten gegen PolizistInnen beleuchtet Behr:
Prinzipiell gilt ein Ehrenkodex in der Kultur der Polizei: Kollegen werden weder an Vorgesetzte verraten noch anderen Instanzen ausgeliefert. Die Loyalität untereinander ist größer als die gegenüber der Integrität der Polizei.
Viele Polizisten bedienen sich eines Kompromisses. Sie sagen: Nichts gesehen, gehört, gerade weggeguckt, nicht genau gesehen. Sie bedienen sich, moralisch gesehen, einer Halbwahrheit oder Halblüge, um Kollegen zu schützen. Menschlich verständlich, rechtsstaatlich beschämend.
Bundesverwaltungsgericht verwirft Fotografierverbot
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Fotografierverbot rechtswidrig - ein Polizeieinsatz ist ein "zeitgeschichtliches Ereignis"
Das Urteil bezieht sich zwar unmittelbar auf ein von der Polizei gegen Pressemitarbeiter ausgesprochenes Fotografierverbot, es trifft aber eine Feststellung von wesentlich weiter gehender Bedeutung. Diese betrifft den Bereich des Kunsturhebergesetzes und das Ablichten von Polizeieinsätzen im Allgemeinen - egal durch wen: Ein Polizeieinsatz ist ein "zeitgeschichtliches Ereignis" im Sinne des § 23 KUG.
Die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.3 2012:
"Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute (am 28.3.2012, Anm.) entschieden, dass ein von der Polizei gegenüber Mitarbeitern einer Zeitung ausgesprochenes Verbot rechtswidrig war, Polizeibeamte des Spezialeinsatzkommandos während eines Einsatzes zu fotografieren.